„In Nordrhein-Westfalen ist rund ein Drittel des Kommunalwaldes (rd. 60.000 ha) vom Bundeskartellverfahren betroffen und muss zumindest den Holzverkauf bis Ende 2018 neu organisieren. Die waldbesitzenden Kommunen sind zur Übernahme weiterer Verantwortung vor Ort bereit, können diese Aufgabe aber nicht allein bewältigen. Sie fordern eine gemeinsame Umsetzung und Finanzierung der kartellrechtskonformen Neuausrichtung durch das Land NRW und eine Gewichtung des Kommunalwaldes im Gemeindefinanzierungsgesetz. Die bisherige flächendeckende Betreuung über das Land durch den Landesbetrieb Wald und Holz NRW ist für die Kommunen dabei der Maßstab für die Qualität neuer kartellrechtskonformer Strukturen“, so der Vorsitzende des Gemeindewaldbesitzerverbandes NRW, Bürgermeister Bernhard Halbe (Schmallenberg).
„Wir müssen den wettbewerbsrechtlichen Anforderungen genügen. Die Entwicklung darf aber nicht dazu führen, dass unsere hochwertige Waldbewirtschaftung, das bisherige flächendeckende Dienstleistungsangebot, der Schutz der Natur und die Gemeinwohlleistungen für die Bürgerinnen und Bürger in Folge des Kartellverfahrens unter die Räder geraten. Multifunktionale Forstwirtschaft, gesteuert durch kompetente Forstexperten, ist mehr als Holzverkauf und Harvestereinsatz“, so der Geschäftsführer des Gemeindewaldbesitzerverbandes NRW, Dr. Gerd Landsberg.
Der Gemeindewaldbesitzerverband NRW hat 9 Modelle für kartellrechtskonforme Organisationsformen entworfen und die Eckpunkte in einem Gespräch mit dem Vorsitzenden der 1. Beschlussabteilung des Bundeskartellamtes Dr. Markus Wagemann und der beauftragten Berichterstatterin Dr. Martina Schulze am 24. Oktober 2017 in Bonn erörtert. Der Verband setzt auf die bestehenden Organisationen, besonders Forstbetriebsgemeinschaften, Forstwirtschaftliche Vereinigungen und Forstwirtschaftliche Verbünde, denen sich Kommunen als „Anker“ anschließen können. Er ist aber auch für neue Formen der Zusammenarbeit offen. Dies müsse konkret geplant und nachhaltig vom Land NRW finanziert werden.
Das Bundeskartellamt sieht weitere Optionen in der Mitbetreuung (Holzverkauf und Beförsterung) von kleineren kommunalen Forstbetrieben und/oder Forstbetriebsgemeinschaften durch große kommunale oder private Forstbetriebe oder einer interkommunalen bzw. kommunal/privaten Zusammenarbeit. Das Bundeskartellamt hat in dem Gespräch auf die unterschiedlichen Ausgangssituationen in den jeweiligen Regionen in NRW hingewiesen, für die es gelte, in-dividuelle Lösungen zu finden. Neue Zusammenschlüsse sollten nach den Vorgaben der Kartellbehörde nicht mehr als 15 % des Gesamtholzeinschlags des Landes vermarkten.
„Voraussetzung für zukunftsfeste Forstorganisationsstrukturen ist eine Grundförderung durch das Land, die es den Zusammenschlüssen ermöglicht, ihre gesetzlichen und satzungsgemäßen Aufgaben zu erfüllen. Bisher wurde dies durch eine indirekte Förderung ermöglicht. Zukünftig muss es durch eine direkte Förderung sichergestellt werden. Diese sollte mit wenig Bürokratie, einer Festbetragsfinanzierung und Wahlfreiheit für die Waldbesitzer erfolgen. Die Forstbetriebsgemeinschaften und andere Förderempfänger sollen dann entscheiden können, ob sie - wie bisher - mit dem Landesbetrieb Wald und Holz NRW zusammenarbeiten oder die Vorgaben des Bewilligungsbescheides mit eigenen Anstrengungen bzw. durch Ausschreibung und Vergabe von Leistungen erfüllen“, so Halbe. Sowohl private als auch kommunale Waldeigentümer sollten unabhängig von der Größe ihrer Waldfläche das Recht haben, sich freiwillig einer Forstbetriebsgemeinschaft oder einer anderen Organisationsform anschließen zu können.
In der weiteren Diskussion um die Umstellung von indirekter auf direkte Förderung müsse zwingend an dem jahrzehntealten Konsens festgehalten werden, dass eine Beförsterung des Waldes durch qualifizierte Forstfachkräfte grundsätzlich förderungswürdig ist. Eine Förderung dürfe auch nicht an eine über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehende Art und Weise der Waldbewirtschaftung geknüpft werden. Zertifizierte Betriebe sollten von vornherein die Fördervoraussetzungen erfüllen. Die Kommunalwaldvertreter appellieren daher an die Landesregierung, die Förderung des Körperschaftswaldes als Ausgleich für die Gemeinwohlleistungen und das freie Betretungsrecht auch zukünftig sicherzustellen.
Ob der Landesbetrieb Wald und Holz NRW zukünftig noch die sogenannten “Vorgelagerten forstwirtschaftlichen Dienstleistungen“ für kommunale und private Waldbesitzer erbringen darf wie die Markierung von Bäumen, die im Vorfeld einer Holzernte geschlagen oder erhalten wer-den sollen, hängt vom Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) ab. Das Land-Baden-Württemberg lässt vor dem BGH überprüfen, ob auch dieser „Vorgelagerte Bereich“ dem Europäischen Wettbewerbsrecht unterliegt. Die mündliche Verhandlung vor dem BGH findet am 10. April 2018 statt. Das Bundeskartellamt hat den Kommunalwaldvertretern empfohlen, bei der Erarbeitung von Lösungsmodellen für die Holzvermarktung gleichzeitig auch Lösungsmöglichkeiten für eine Übernahme der vorgelagerten forstwirtschaftlichen Dienstleistungen zu berücksichtigen.